Packende Geschichten aus der Hauptstadt
Die allererste Klappe für die erste deutsche Seifenoper „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ fiel am 16. März 1992 in den Berliner Studios in der Oberlandstraße. Es war mehr als nur ein Wagnis, denn bis dato wurden alle Serien in Deutschland staffelweise oder erst Monate nach der Fertigstellung ausgestrahlt. Jeden Tag mussten nun zeitnah 22 sendefähige Minuten entstehen – ein ungeheurer Druck für die unerfahrene Crew und die Schauspieler. Vorbild für die Serie war die Seifenoper „The Restless Years“, welche von 1977 bis 1981 in Australien ausgestrahlt wurde.
1990, also zwei Jahre früher als in Deutschland, ging in den Niederlanden eine Adaption der Serie mit dem Titel „Goede Tijden, Slechte Tijden“ auf Sendung und wurde dort sehr erfolgreich. Die Serie läuft dort heutzutage noch immer auf dem Sender RTL4 – allerdings mit einem Unterschied: In unserem Nachbarland gibt jedes Jahr eine Sommerpause. Da sowohl „Goede Tijden, Slechte Tijden“ als auch „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ die Drehbücher von „The Restless Years“ übernahmen, hatten alle drei Serien anfangs die gleichen Storylines und Charaktere. So hieß z. B. die Lehrerin Elizabeth McKenzie in der niederländischen Version Helen Helmink und in Deutschland Elisabeth Meinhart. Beide europäischen Fassungen wichen jedoch bereits während der ersten 100 Folgen leicht vom australischen Original ab.
Bereits in der Planungsphase wurde das Vorhaben, eine tägliche Serie in der deutschen Fernsehlandschaft zu etablieren, von Kritikerin belächelt und als Unmöglichkeit dargestellt. Niemand glaubte an den Erfolg des Formats, und zunächst sah es auch schwer danach aus, dass die Serie im Quotenloch verschwinden würde. Magere 1,91 Millionen Zuschauer verfolgten „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ in den ersten Wochen nach der Premiere am 11. Mai 1992. Qualitativ konnte die Seifenoper in den ersten Monaten auch keinen Preis gewinnen – die Kulissen waren schlecht beleuchtet, die Dialoge klangen hölzern und auswendig gelernt, und die bis dato gänzlich unbekannten Schauspieler konnten nicht überzeugen.
Die HÖRZU betitelte die Serie als „Laienspiel“ und die Bild am Sonntag als „glatten Reinfall“. Doch mit der Zeit machte sich ein Aufwärtstrend bemerkbar, und langsam, aber sicher schnellten die Einschaltquoten in die Höhe. Mit Folge 231 wurden die australischen Drehbücher aufgegeben und die Geschichten fortan von einem deutschen Autorenteam erfunden. Es dauerte nicht mehr lange, und „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ war aus der deutschen Fernsehlandschaft nicht mehr wegzudenken.
Highlights waren insbesondere die aufwendigen Jubiläumsfolgen: Nachdem die 1500. Folge bereits 6,73 Millionen Zuschauer in ihren Bann ziehen konnte, brach die 2500. Folge mit 7,07 Millionen Zuschauern jegliche Rekorde. Um noch effektiver drehen zu können, verließ man im Oktober 1995 die alten Studios in Berlin-Tempelhof und verlagerte die Produktion auf das traditionsreiche Filmgelände in Potsdam-Babelsberg. Zunächst spielte die Serie in einer namentlich nicht genannten Kleinstadt, bis man sich 1997 entschloss, die Handlung in die deutsche Hauptstadt Berlin zu verlegen – auch wenn dies zunächst keinen großen Einfluss auf die Geschichten hatte. Die 2006 auf dem Studiogelände errichtete Außenkulisse brachte das Berliner Lebensgefühl den Zuschauern schließlich auch visuell näher. Mit den Jahren wurde die Außenkulisse, die auf den Namen „Kolle-Kiez“ getauft wurde, mehrfach modernisiert und erweitert.
In „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ dreht sich alles um die Erlebnisse einer Gruppe junger Menschen und ihren Freunden und Verwandten. Affären, Intrigen und schwere Schicksalsschläge bestimmen ihr Leben. Viele Jahre bildete die Lehrerin Elisabeth Meinhart (Lisa Riecken) eine der zentralen Säulen der Serie. Sie hatte für jeden ein offenes Ohr und half bei jedem Problem – doch auch ihr Leben war nicht immer einfach. Elisabeth war lange mit A.R. Daniel (Hans Christiani) verheiratet. Daniels und Elisabeths bester Freund Clemens Richter (Frank-Thomas Mende) und seine verzweigte Familie waren ebenfalls lange Zeit fest im Geschehen verankert. Im Mittelpunkt der ersten Jahre stand u. a. die vom Schicksal gebeutelte Elke Opitz (Claudia Weiske), welche nach dem Krebstod ihres Mannes Patrick Graf (Alexander Kiersch) schließlich in Südamerika ihr Glück fand. Clemens’ und Veras (Angela Neumann) Sohn Heiko Richter (Andreas Elsholz) war trotz ständig wechselnder Freundinnen in die intrigante Tina Ullrich-Zimmermann (Sandra Keller) verliebt, doch für Heiko und Tina gab es kein glückliches Ende. Nach zahlreichen Enttäuschungen fand die Designerin Milla Engel (Victoria Sturm) endlich ihre wahre Liebe in Tom Lehmann (Jan Sosniok) – dem Verlobten ihrer besten Freundin Saskia Rother (Saskia Valencia)! Zudem machte der fiese Anwalt Jo Gerner (Wolfgang Bahro) seinen Mitmenschen das Leben mit zahlreichen Intrigen schwer.
Die 1000. Folge im Juni 1996 brachte schließlich den ersten Umschwung in der Geschichte der Seifenoper. Neue Gesichter tauchten auf und brachten neue Geschichten und Schicksale mit sich. Die adelige Prinzessin Flo Spira (Rhea Harder) durchlebte mit ihrem Ehemann Andy Lehmann (Raphael Schneider) eine chaotische Zeit, bis sie nach einer Affäre mit dem Arzt Jan Wittenberg (Rainer Meifert) ihre große Liebe in dem Juwelendieb Martin Wiebe (Norman Kalle) fand. Martins Schwester, die alkoholkranke Barbara Graf (1. Besetzung: Fenja Rühl, 2. Besetzung: Maren Thurm, 3. Besetzung: Mona Klare), wurde in ein teuflisches Spiel mit ihrem Freund Jörg Reuter (Daniel Enzweiler), ihrer Schwester Sonja Wiebe (1. Besetzung: Tina Bordihn, 2. Besetzung: Tokessa Möller-Martinius) und Jo Gerner verwickelt. Vanessa Moreno (Anne Brendler) erfuhr, dass Jo Gerner ihr leiblicher Vater ist, und Charlie Fierek (Julian Scheunemann) starb in den Armen seiner Freundin Kim Scheele (Alexander Finder), nachdem er im Gerichtssaal niedergeschossen wurde. Der Unfalltod von Andys jüngerer Schwester Chrissie (Kea Könneker) gehört zu einem der dramatischsten Ereignisse der Seriengeschichte, genauso wie die von Inka Berent (Franziska Dilger) inszenierte Geiselnahme, in deren Verlauf Chris Bohlstädt (Jan Hartmann) erschossen wurde.
Kein Tabuthema wurde ausgelassen: Die lesbische Liebe wurde zunächst mit Saskia und Harumi Shimizu (Mey Lan Chao), später mit Barbara und Lara Kelm (Romana Pollack) thematisiert, während Fabian Moreno (Ralf Benson) durch Philip Krüger (Laurent Daniels) seine Gefühle für das eigene Geschlecht entdeckte. Weitere brisante Themen waren u. a. Drogenmissbrauch, Sektenkult, ein mysteriöses Rollenspiel, Verwicklungen mit der Mafia, Spielsucht, Schizophrenie, Kindesentführung, Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern oder Alkoholismus. Zahlreiche populäre Liebespaare wie Marie Balzer (Jeanette Biedermann) und Kai Scholl (Tim Sander), Julia Blum (Yvonne Catterfeld) und Nico Weimershaus (Raphael Vogt), Sandra Lemke (Maike von Bremen) und Deniz Ergün (Ismail Sahin), Paula Rapf (Josephine Schmidt) und John Bachmann (Felix von Jascheroff), oder Verena Koch (Susan Sideropoulos) und Leon Moreno (Daniel Fehlow) zogen die Zuschauer in ihren Bann.
Die zunächst nur als Nebenrolle geplante Intrigantin Katrin Flemming (Ulrike Frank) entwickelte sich mit der Zeit zu einer der vielschichtigsten Figuren der Serie. Ab 2008 wurde eine neue Familie rund um Jo Gerner und Katrin aufgebaut, zu der neben Gerners Söhnen Dominik (Raul Richter) und Patrick (Björn Harras) auch Katrins Tochter Jasmin (Janina Uhse) zählte. Der Familienkreis wurde später durch Gerners Enkelin Sunny (Valentine Pahde) und Gerners neue Ehefrau Yvonne (Gisa Zach) erweitert. Das Gegenstück dazu bilden die chaotischen Seefelds rund um Familienoberhaupt Maren (Eva Mona Rodekirchen).
Trotz stetiger Veränderungen vor und hinter der Kamera blieben die Fans „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ über die Jahre hinweg treu, und sowohl Serie als auch Darsteller konnten zahlreiche Auszeichnungen einheimsen, u. a. die „Goldene Kamera“ oder den „Deutschen Fernsehpreis“. Zu den erfolgreichsten Ex-Darstellern zählen Saskia Valencia, Jan Sosniok, Alexandra Neldel, Rhea Harder, Simone Hanselmann, Jeanette Biedermann, Yvonne Catterfeld und Nina Bott. Zahlreiche Musikacts und Gaststars gaben sich bei „GZSZ“ die Ehre. Inzwischen hat die Serie bereits vier Ableger erhalten: Neben der kurzlebigen Serie „Großstadtträume“, welche 2000 produziert wurde und einige ehemalige Charaktere der Originalserie beinhaltete, wurden für den Streaming-Dienst RTL+ drei Spin-Offs rund um die Charaktere Sunny, Nihat und Leon entwickelt. Zudem gab es 2010 ein Crossover mit der RTL-Soap „Alles was zählt“.
Kurzübersicht
1992 – heute
Täglich
- „Mitten ins Herz“, gesungen von
- Bo Andersen (1992 – 1996)
- Viveca (1996 – 2001)
- Susanne Grunert (2001 – 2006)
- Unbekannt (2006 – 2014)
- Glasperlenspiel (seit 2014)