21/III The Trunk
New York, 1978: Elektra, die damals noch zu Hause wohnt, verdient sich ihr Geld als Prostituierte an den Piers und hat hochgesteckte Ziele: „Dafür, dass die Männer mehr bezahlen, kriegen sie auch mehr. Irgendwann habe ich ein Ankleidezimmer voller Designersachen. Nerz, Zobel, Hermelin. Und eine richtige Wohnung mit einem Portier, der mir die Sachen abnimmt. Miss Elektra ist unabhängig. Abhängigkeit ist Schwäche. Ich verdiene mein Vermögen selbst, mit Geschäftssinn.“ Als ihre Mutter sie jedoch in Frauenkleidung erwischt, ist sie ungehalten und bezeichnet Elektra als „Transvestiten“. Elektra beteuert, dass sie sich als Frau fühlt und auch als so akzeptiert werden möchte. Da sie sich nicht länger von ihrer Mutter demütigen lassen will, möchte sie ihre Sachen, die sie in einer Truhe aufbewahrt, zusammenpacken und verschwinden. Ihre Mutter macht ihr jedoch einen Strich durch die Rechnung: „Die Truhe gehört mir. Sie steht in meinem Haus. Darum gehört sie mir!“ Schließlich setzt sie Elektra vollkommen mittellos auf die Straße. Nach einem kurzen Schockmoment zeigt sich Elektra jedoch kämpferisch und sagt ihrer Mutter für immer Lebewohl.
New York, 1994: Da sie ihren Job als Domina nicht länger ausüben kann, hat Elektra ein Unternehmen gegründet, welches Telefonsex anbietet. Plötzlich taucht die Polizei auf, die Elektra sogleich aufs Revier bittet. Die Beamten erklären ihr, dass der Bürgermeister New York mit aller Macht „vom Schmutz befreien“ und daher auch gegen Menschen wie Elektra vorgehen will. Als sie erfährt, dass die Polizei ihre Wohnung durchsuchen will, gerät Elektra in Panik: Schließlich bewahrt sie dort noch immer die Truhe auf, in der sie damals die Leiche ihres durch einen Unfall verstorbenen Kunden Paul versteckt hat. Elektra ruft Blanca an und bittet sie, die Truhe verschwinden zu lassen. Schweren Herzens sichert Blanca Elektra ihre Unterstützung zu.
Während Elektra verhaftet wird, schreitet Blanca gemeinsam mit Ricky und Papi zur Tat. Notgedrungen erzählt Blanca den beiden Männern, was sich in der Truhe befindet. Die drei bringen das brisante Möbelstück schließlich in Blancas Wohnung. „Die Truhe und ich haben eine Vorgeschichte, die bis zu den Anfängen unserer Familie reicht“, erzählt Blanca melancholisch, „darin hatte Elektra ihre kostbarsten Schätze und all ihre Träume aufbewahrt. Sie hat sich von allem getrennt. Für uns.“
New York, 1983: Elektra ist nun Hausmutter und hat Blanca, Lulu und Candy bei sich aufgenommen. Da sie jedoch knapp bei Kasse ist, arbeitet sie weiterhin als Prostituierte an den Piers. Dort lernt sie eines Tages Angel, Cubby und Lemar kennen, die seit geraumer Zeit auf der Straße leben. Nach einem kurzen Gespräch bietet sie den drei Jugendlichen an, in ihrem Haus unterzukommen. „In diesem Haus sorgt Mutter Elektra immer für euer Wohl“, verkündet sie später, als alle gemeinsam an einem Tisch sitzen. Doch die Armut nagt weiter an ihnen. Schließlich trommelt Elektra all ihre Kinder zusammen und bringt sie dazu, in das Haus ihrer Mutter einzubrechen, um die Truhe mit den Habseligkeiten aus ihrer Jugend zu stehlen. Allerdings wird ihre Mutter durch den Lärm wach. Zunächst hat alles den Anschein, als ob sie sich mit Elektra versöhnen möchte, doch dafür stellt sie die Bedingung, dass Elektra sich wieder „normal“ verhält. „Nein, das könnte ich nicht! Ich habe mein Leben dem Übermaß verschrieben und strebe stets nach mehr! Mehr Liebe, mehr Opulenz, mehr Juwelen, mehr Macht, mehr Geld! Mehr, mehr, mehr! Ich bedauere sehr, dass du mich nur voller Furcht und Enttäuschung ansehen kannst. Ich bedauere sehr, dass du dir nicht erlauben kannst, zu erkennen, wer ich bin“, macht Elektra ihrer Mutter klar und sagt ihr anschließend ein zweites Mal Lebewohl.
New York, 1994: Christopher wundert sich über den merkwürdigen Gestank, der von der Truhe ausgeht. Blanca bleibt nichts anderes übrig, als ihrem Freund ebenfalls die Wahrheit zu erzählen. Als Christopher wissen will, wieso Elektra damals nicht die Polizei gerufen hat, macht Blanca ihm klar, dass das keine Option war, weil das System Frauen wie sie im Stich lässt. Christopher beschließt, Blanca und ihren Freunden zu helfen.
New York, 1983: Elektra präsentiert ihren Kindern ihr neues, geräumiges Zuhause. Während die anderen keine Fragen stellen und feiern, wird Blanca klar, dass Elektra all ihre Habseligkeiten aus der Truhe verkauft hat, um die Wohnung finanzieren zu können. Das Einzige, was sich noch in der Truhe befindet, ist ein Bild von Elektra und ihrer Mutter.
New York, 1994: Nachdem Christopher die Kaution bezahlt hat, wird Elektra aus dem Gefängnis entlassen. Sie, Blanca, Christopher, Ricky und Papi fahren mit der Truhe in die Nähe einer Kläranlage, wo sie die Leiche schließlich versenken. „Ich denke, wir werden alle mal in Frieden ruhen, irgendwann. Mit dieser Aktion schenkst du mir Frieden. Das werde ich dir nie im Leben vergessen“, bedankt sich Elektra bei Blanca. Später erfährt Elektra, dass durch Christophers Hilfe das Verfahren gegen sie eingestellt wird. Elektra kann damit nicht umgehen, da sie nicht weiß, wie sie sich jemals bei ihm revanchieren soll. Blanca erwidert, dass das nicht nötig sei, da Elektra schon so viel für sie getan hat. „Nur dank dir hatten wir einen Platz in dieser Welt, weil du so viel für uns geopfert hast. Das, was du für uns getan hast, zeigt mir, dass all das nichts bringt, wenn man keine Familie hat, um es zu teilen. Die Menschen sind das Wichtigste – und auch wenn du mir hoheitlich auf die Nerven gehst, bist du Familie“, erörtert sie. „Ich habe schon so viel im Leben falsch gemacht, aber bei dir habe ich wenigstens einmal alles richtig gemacht“, erwidert Elektra unter Tränen.
Nach einem Rückblick auf den ersten Ball, den das „House of Abundance“ im Jahr 1984 bestritt und sogleich für Furore sorgte, feiern Blanca, Elektra, Christopher, Papi und Ricky nicht nur Elektras Freiheit, sondern auch die Tatsache, dass Blanca an der Hochschule angenommen wurde und bald Krankenpflege studieren wird.