Das alltägliche Leben im Mikrokosmos Genoa City
Genoa City, Wisconsin: Die Metropole des Mittleren Westens der USA findet sich in keinem Atlas und doch ist sie einem weltweiten Fernsehpublikum bekannt. Es ist der fiktive Handlungsort der seit über 30 Jahren erfolgreichsten Seifenoper der USA: „Schatten der Leidenschaft“ (The Young and the Restless). In Genoa City lebt ein Mikrokosmos an Charakteren gleich welcher Hautfarbe oder Herkunft. Hier wurden Lieben gefunden und verloren, Ehen geschlossen und zerbrochen, Kinder geboren und erwachsen – und all dies vor den wachsamen Augen der noch heute vier Millionen täglichen US-Zuschauer.
All dies fand seinen Anfang am 26. März 1973, als der Sender CBS die allererste, damals noch 30-minütige Episode von „Schatten der Leidenschaft“ ausstrahlte. Aus der Feder des zu jener Zeit bereits legendären Seifenopern-Autors William J. Bell, der mit der Serie sein Meisterstück abliefern sollte, und seiner Frau Lee Phillip Bell entsprang die Idee zu einer neuen Dramaserie, deren Ziel es war, soziale und medizinische Entwicklungen und Diskussionen, die die Menschen bewegten, zu inkorporieren, aber zugleich allen anderen Seifenopern voraus zu sein. Dies spiegelte sich in edlen Produktionsstandards, die einer Primetimeserie würdig sind, wider, und man zeigte für die damalige Zeit sehr gewagte Liebesgeschichten, angeführt von jungen und leidenschaftlichen Charakteren – ganz getreu dem Serientitel. Keine zwei Jahre nach Serienstart erhielt „Schatten der Leidenschaft“ dann auch schon den ersten in der Reihe vieler „Daytime Emmys“ als „Beste Serie“.
Alles begann mit dem Kontrast aus Arm und Reich der gegensätzlichen Familien Brooks und Foster. Seit 1980, als „Schatten der Leidenschaft“ aufgrund des großen Erfolgs auf 60 Minuten verlängert wurde, hielten dann die Familien Newman um Frauenmagnet und Tycoon Victor Newman (Eric Braeden) und Abbott um Kosmetikunternehmer John Abbott (Jerry Douglas) Einzug, die bis zum heutigen Tag den Serienalltag bestimmen. Victor Newman und die einstige Stripperin Nikki Reed (Melody Thomas Scott) wurden zu einem der beliebtesten Traumpaare im amerikanischen Fernsehen und die Rivalität der Erzfeinde Jack Abbott (1. Besetzung: Terry Lester, 2. Besetzung: Peter Bergman) und Victor Newman bzw. der Familienunternehmen „Jabot Cosmetics“ und des Konglomerats „Newman Enterprises“ ist legendär.
All dies wird jedoch übertroffen von der langwierigsten Feindschaft der Fernsehgeschichte, deren Ursprünge in den ersten Jahren von „Schatten der Leidenschaft“ liegen. Es ist ein Kampf um Männer, Geld und Anerkennung, der von zwei ungleichen Frauen über Jahrzehnte bis aufs Äußerste betrieben wurde. Im Herbst 1973 erschien eine reiche Dame von Welt namens Katherine Chancellor in Genoa City, die die Entwicklung der Serie entschieden prägte und bis zu ihrem Tod im Jahr 2013 von Jeanne Cooper gespielt wurde. Katherine Chancellor war einsam und engagierte daher die junge Maniküre Jill Foster (1. & 3. Besetzung: Brenda Dickson, 2. Besetzung Deborah Adair, 4. Besetzung: Jess Walton) als ihre Begleitdame. Damals konnte niemand ahnen, auf welche Wege das Schicksal die zwei Frauen verbinden sollte.
Umgarnt von Katherines Mann Phillip Chancellor, der seine trinkende Frau nicht mehr liebte, ließ Jill sich mit dem Gatten ihrer Chefin ein. Katherine fühlte sich verraten und unter dem fortwährenden Einfluss ihrer Trinksucht wollte sie verhindern, dass ihre Ehe zerbricht. Eines Tages kommt es dann zur Katastrophe und Katherine verursacht einen Autounfall, bei dem Phillip schwer verletzt wird. Für Jill steht fest, dass Katherine Phillip nach dem Leben trachtete. Vor allem, nachdem Katherine Jills Ehe mit Phillip, die an seinem Sterbebett geschlossen wird, für ungültig erklären lässt und deren Sohn Phillip Chancellor III ohne jeglichen Anspruch auf das Erbe seines Vaters geboren wird! Die Feindschaft zwischen Katherine und Jill war geboren und über die Jahre stets wieder befeuert. Sei es aus Interesse an den gleichen Männern, im Kampf um das Sorgerecht für den jungen Phillip, und schließlich um das Chancellor-Anwesen. Umso größer dann der Schock, als sich nach 30 Jahren herausstellt, dass Katherine Jills leibliche Mutter ist. Selbst nach dieser unerwarteten Entwicklung dauert es Jahre, bis die Rivalinnen Frieden geschlossen haben.
Im Jahr 2023 feierte „Schatten der Leidenschaft“ seinen 50. Geburtstag und es wurden bislang über 12.500 Episoden gedreht. 10 Mal wurde man als „Beste Serie“ ausgezeichnet. Insgesamt erhielt die Serie seither über 150 „Emmy Awards“, mehr als jede andere Serie zuvor. 1987 kreierten William J. Bell und seine Frau die nicht minder erfolgreiche Seifenoper „Reich und Schön“, die mit den Jahren zu einer Schwesterserie von „Schatten der Leidenschaft“ ausgearbeitet wurde. So begann der Konflikt um Sheila Carter (Kimberlin Brown) und Lauren (Tracey E. Bregman) in Genoa City, bevor er seine Blüte Mitte der 90er-Jahre bei „Reich und Schön“ fand und beide Charaktere im neuen Jahrtausend schließlich wieder bei „Schatten der Leidenschaft“ erschienen. In Genoa City selbst steht mit Nick (Joshua Morrow) und Victoria (1. Besetzung: Heather Tom, 2. Besetzung: Amelia Heinle) die zweite Generation der Newmans im Mittelpunkt. Heute dreht sich in Genoa City alles um die großen Gefühle und den Schatten der Leidenschaft: Es geht um Familie, Liebe und den oftmals von Intrigen begleiteten Kampf um Macht.
In Deutschland wurde die Serie zum ersten Mal von Januar 1993 bis Dezember 1994 auf Sat.1 mit Folgen ab 1986 ausgestrahlt. Erst Ende der 90er-Jahre fand „Schatten der Leidenschaft“ hierzulande seine Fortsetzung, doch diesmal im Pay-TV. Die inzwischen eingestellte Plattform DF1 strahlte weitere 500 Episoden der 80er-Jahre aus, bis es erneut zu einer Pause kam. Von 2000 bis 2002 strahlte der Pay-TV-Sender Premiere dann 520 Folgen aus den Jahren 1995 bis 1997 aus. Trotz des großen Erfolgs von „Reich und Schön“ traute sich kein Sender an die Serie heran, bis das ZDF im März 2008 „Schatten der Leidenschaft“ in sein Programm aufnahm. Das Folgenpaket umfasste 200 Episoden aus den Jahren 2005 und 2006, die jedoch halbiert und wochentags um 11:35 Uhr ausgestrahlt wurden. Aufgrund von schwachen Zuschauerzahlen wurde die Ausstrahlung im Vormittagsprogramm jedoch nach nur wenigen Wochen beendet. Die restlichen bereits synchronisierten Folgen zeigte das ZDF bis zum Jahreswechsel 2008/2009 im späten Nachtprogramm. Außerhalb der USA läuft „The Young and the Restless“ u. a. noch in Kanada, Australien und in Frankreich, wo man als „Les feux de l’amour“ ähnlich wie in den USA die erfolgreichste Seifenoper darstellt.
Kurzübersicht
1973 – heute
Täglich
- „Nadia’s Theme“ von Barry De Vorzon & Perry Botkin Jr. (Instrumental)